通货膨胀的新解释

Der italienische Ökonom Giorgio Primiceri, der an der amerikanischen Northwestern University tätig ist, prescht mit einer etwas provozierenden These vor. Zusammen mit Domenico Giannone vom Internationalen Währungsfonds hat er ein Papier erarbeitet, in dem es um nichts Geringeres geht als eine neue Deutung der Inflationswelle der vergangenen Jahre – oder zumindest eine deutliche Akzentverschiebung.

icht die angebotsseitigen Schocks von Ölpreis über die Lieferengpässe bis hin zum Ukrainekrieg seien die entscheidenden Ursachen dafür gewesen, dass Europa und die Vereinigten Staaten eine Inflationswelle wie seit den 1970er-Jahren nicht mehr erlebt hätten, die gerade erst auszulaufen scheint. Schuld gewesen sei in erster Linie der unerwartet starke Anstieg der Nachfrage nach der Pandemie. Dabei spielten die staatlichen Hilfen während der Lockdowns und die lockere Geldpolitik in jener Zeit eine Rolle.

Das Thema ist relevant: Die Frage nach dem Wesen der Inflation kann auch etwas darüber verraten, ob das alles nun vorbei ist oder jederzeit wiederkommen kann. Und dies wiederum hat Folgen für das Verhalten der Notenbanken.

Das Arbeitspapier „Die Triebkräfte der postpandemischen Inflation“ ist das erste von vieren, die beim EZB-Forum im portugiesischen Sintra, dem großen europäischen Notenbankertreffen in der kommenden Woche, für Diskussionsstoff sorgen sollen. Das Symposium wird seit dem Jahr 2014 gleichsam als Gegenstück zum amerikanischen Zentralbankertreffen in Jackson Hole veranstaltet. Zahlreiche Notenbank-Prominenz wird erwartet. Mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Jerome Powell, dem Präsidenten der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), sind jene beiden Akteure mit dabei, auf die gerade die Welt blickt, wenn es um die globale Zinswende und die Einschätzung darüber geht, wie hartnäckig sich die Inflation womöglich doch noch erweisen könnte.

Angebotseinflüsse überschätzt

Primiceris These: In der ganzen Debatte um die Inflation seit 2021 ist womöglich die Angebotsseite völlig überschätzt worden. Schließlich war die gängige Deutung der Inflationswelle, dass die Energiekrise, die Lieferstörungen und der Ukrainekrieg über höhere Preise für Öl, Erdgas und Nahrungsmittel von der Angebotsseite her die Inflation hochgetrieben haben. Sicher, sagten manche Ökonomen dann, auch die Nachholbedürfnisse nach Corona mögen gleichsam eine begünstigende Rolle gespielt haben. Hin und wieder kam auch das Argument, die lockere Geldpolitik könnte in Verbindung mit den großen Staatshilfen während der Lockdowns das Aufkommen von Inflation begünstigt haben. Im Blick standen aber vor allen die angebotsseitigen Schocks.

Das Papier hält dem nun entgegen, die hohe Inflation in den Jahren 2021 und 2022 sei sogar zum größten Teil auf die Erholung der Nachfrage nach der Pandemie zurückzuführen. „Die Inflation wurde in erster Linie durch eine unerwartet starke Nachfrage getrieben, und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch im Euroraum“, schreiben die Autoren: „Im Vergleich dazu waren die inflationären Auswirkungen negativer Angebotsschocks weniger ausgeprägt, auch wenn diese Schocks die Wirtschaftstätigkeit erheblich einschränkten.“

Für die empirische Analyse nutzten die Autoren ein Modell („Dynamic multivariate statistical model“), das sie mit Daten fütterten und untersuchen ließen, wie viel Inflation eigentlich auf unterschiedliche Angebotsschocks hätte folgen müssen. Die Ergebnisse stützten ihren intuitiven Eindruck, dass die Auswirkungen eigentlich nicht so stark hätten sein dürfen. „Die Wirtschaft des Euroraums war seit 2020 großen Angebotsschocks ausgesetzt, aber diese allein können das Verhalten der Inflation nicht erklären“, heißt es in der Studie: „Unseren Ergebnissen zufolge wurde die Inflation vielmehr durch überraschend starke Nachfragekräfte angeheizt – eine Kombination aus ungewöhnlich expansiver Finanzpolitik, unerwartet starkem Nachholbedarf nach der Pandemie und einer ungewöhnlich lockeren Geldpolitik.“

Auch der Energiepreisanstieg selbst sei keineswegs nur eine angebotsseitige Angelegenheit gewesen, schreiben die Autoren. „Die Tatsache, dass die Schwankungen der Energiepreise stark positiv mit der Wirtschaftstätigkeit korreliert sind, ist in der Literatur weithin dokumentiert.“ Das Wiederanspringen der Nachfrage und der Wirtschaftstätigkeit nach Corona sei eine wesentliche Ursache dafür gewesen, dass die Energie- und Nahrungsmittelpreise gestiegen seien. Auch wenn diese also im buchhalterischen Sinn tatsächlich eine große Rolle für die Gesamtinflation gehabt hätten, sei dies hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass sich sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa das Bruttoinlandsprodukt so unerwartet schnell vom Corona-Einbruch erholt und die Rohstoffpreise mit nach oben gezogen habe: „Die wirklich exogenen Bewegungen bei den Energiepreisen, zum Beispiel mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs, waren im Vergleich dazu begrenzt.“

Für die Gegenwart leiten die Autoren daraus eher erfreuliche Konsequenzen ab: „Diese Analyse zeigt, dass es Gründe gibt, hinsichtlich der Inflation optimistisch zu sein, sowohl in der unmittelbaren als auch in der ferneren Zukunft.“ Ihr Modell sage sogar eine „leichte letzte Meile“ bei der Inflationsbekämpfung voraus: Das könnte günstig sein für weitere Zinssenkungen. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hingegen hatte zuletzt davor gewarnt, dass „die letzte Meile“ der Inflationsbekämpfung wie bei einem Langstreckenlauf besonders hart werden könnte. Und EZB-Präsidentin Lagarde hatte von einem „holprigen Weg“ gesprochen.

Die These wird sicherlich in Sintra für einige Diskussionen sorgen, auch Vertreter der Gegenthese zeichnen sich schon wieder ab. Über „Geopolitische Schocks und die Inflation“ werden zum Beispiel der Goldman-Sachs-Chefökonom Jan Hatzius, Matteo Iacoviello von der Fed, Beata Javorcik von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie Moritz Schularick vom Kiel Institut für Weltwirtschaft diskutieren. Da geht es dann nicht um Inflation durch harmlosen Post-Covid-Nachholkonsum, sondern speziell darum, wie neue Kriege in aller Welt auf schreckliche Weise die Teuerung nach oben treiben.

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#通货膨胀的新解释
2024-06-29 13:05:59

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